Von Abraham bis Zuversicht

Predigt zum Bund Gottes mit dem Menschen


Caravaggio: Die Opferung Isaaks (Ausschnitt) © Wikimedia

Von Stefan Schaar

Die Liebe Gottes, die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen! AMEN.
Abraham ist also heute unser Thema, liebe Gemeinde, im Rahmen der Predigten zum “Bund”.
Abermals will ich eine Verspredigt halten, allerdings nicht mit dem im Deutschen üblichen Endreim.
Alphabetisch geordnet wie in manchen Psalmen will ich statt dessen formulieren.
Acht Sätze maximal mit demselben Anfangsbuchstaben sollen es werden.
Ausnahmen werden nötig sein, und die erlaube ich mir auch.
Alles auf Anfang - es geht um Abram, wie er zunächst hieß:
Als einen “feigen Helden” haben wir ihn mal bezeichnet im Konfirmandenunterricht.
“Aufbruch in das Land, das ich dir zeigen werde” ist das Stichwort, mit dem alles beginnt.
Bis dahin lebte er nämlich in Haran, jenseits des Jordans.
Bei ihm war Saraj, seine Frau, und sein Neffe Lot.
Beide nahm er mit, die wurden nicht erst um ihre Meinung gefragt.
Besessen muß er ihnen vorgekommen sein in seiner Rigorosität.
Beseelt war er in Wahrheit von dem Versprechen Gottes, ihm eine große Zukunft zu eröffnen.
Bundesgenosse Gottes sollte er werden, wenn er nur glaubte und ging.
Bauen wollte Gott eine Dynastie, die auf ihm basierte.
Beinahe so zahlreich wie der Sand am Meer und die Sterne am Himmel sollte seine Nachkommenschaft sein.
Das ist eigentlich zu großartig, um wahr zu sein, denken wir.
Da muß man doch seinen gesunden Menschenverstand einschalten!
Dieser Glaubenseifer ist ebenso staunenswert wie befremdlich.
Dennoch machte er sich auf den Weg nach Kanaan.
Dort fand er zunächst ideale Bedingungen vor.
Doch die Herden wurden zu zahlreich, das Land und das Wasser irgendwann knapp.
Daher trennten sich Abram und Lot, und letzterer durfte auswählen, wohin er gehen wollte.
Die Gegend am Jordan war besonders fruchtbar, und so ließ er sich in Sodom nieder - was er später noch bereuen sollte.
Etliche Jahre gingen ins Land, ohne daß Gottes Verheißung sich erfüllte.
Ewiges Warten zermürbte Abram und Saraj, und sie drohten zu verzweifeln.
Eine Magd sollte der Kinderlosigkeit abhelfen.
Endlich wurde ein Kind geboren, Ismael der Name des Knaben.
Empört reagierte Gott auf Abrams Kleinglauben und auf Sarajs Betrug.
Eigen Fleisch und Blut beider sollte der Verheißene sein.
Eilig wurde die Magd in die Wüste geschickt mitsamt ihrem Baby.
Erhört und errettet hat Gott sie, und Hagar rief: “Du bist ein Gott, der mich sieht.”
Feige nannte ich Abram anfangs - das gilt auch für sein Verhalten der Magd gegenüber.
Falsches Spiel trieb er aus Vorsicht auch mit Pharao, als er Nahrung kaufen wollte:
Furcht vor dessen Lüsternheit ließ ihn die Ehefrau als Schwester ausgeben;
fast stimmte das sogar: Sie hatten - verwunderlich genug - tatsächlich denselben Vater.
Fastend bat der Betrogene um Verzeihung und ließ Abram reich beschenkt ziehen.
Freunde wurden der Fromme und der fremde König nicht mehr.
Fürbitte hielt Abram jedoch für Ägypten und dessen Herrscher.
Fans haben diese Geschichte gleich zweimal variiert und kopiert.
Geboren werden sollte nun aber doch noch der verheißene Sohn.
Gelacht hat Saraj, als sie belauschte, was vor dem Zelt besprochen wurde.
Geleugnet hat sie, als der Gesandte Gottes sie dafür zur Rede stellte.
Geboren hat die Hochbetagte dann tatsächlich doch noch übers Jahr.
Gebetet hat Abraham für die dem Untergang geweihte Stadt Sodom.
Getrieben haben sie es dort allzu scheußlich, und Gott hat’s geekelt.
Gerechte mitsamt den Verbrechern verderben - das kann doch wohl nicht Gottes Ernst sein?
Gerettet wird die Stadt um der Aufrechten willen; doch fanden sich nicht einmal zehn.
Hunderte, Tausende, Hundertausende und Abermillionen Nachommen wurden geboren.
“Habe ich dir nicht versprochen, daß du ein großes Volk wirst?”, fragte Gott.
“Hier ist der Anfang: In dir sind gesegnet die Völker der Erde.
Halte dich aber an meinen Bund, so will ich es ebenfalls tun!
Haus Abraham, entferne die Vorhaut als Zeichen,
Heimsassen und Fremde gleichermaßen sollen beschnitten werden!
Hinter diese Vorschrift dürft ihr nie zurückfallen!”
Hundertjährig annähernd war Abraham, als seine Vorhaut fiel.
Isaak nannte man den Sohn der Verheißung,
Ismaels Bruders Name heißt übersetzt: “Ich habe gelacht.”
Ist nun der Glaube Abrahams zur Genüge bewiesen?
In eine neue Versuchung stürzte ihn Gott.
Irgendwo in der Wüste geh’n Vater und Sohn, Gott zu opfern.
Isaak, zwölfjährig wie Jesus im Tempel, sucht Holz.
Indes ist ein Opfertier nirgends zu sehen.
Ist’s Gottes Wille, zu opfern den Sohn, wenn’s gefordert?
Irrtum! Diesen Sohn zu verschonen, ist Gottes Beschluß.
Kein Menschenopfer, kein Mord, kein Blutvergießen!
Könnten wir Christen uns daran nicht ein Beispiel nehmen?
Konzentrieren wir uns auf Abraham, den gemeinsamen Vater dreier Weltreligionen,
kommt es womöglich zu gegenseitigem Verstehen,
Kompromisse werden eher möglich, wenn man einander kennt.
Kaum allerdings wird das funktionieren, wenn es um das Erbe geht:
Knapp ist das Land, das heute Israel heißt und Palästina -
Kanaan war damals der Name, umstritten ist es seit eh und je.
Ja, wir sind eigentlich schon durch mit Abrahams Geschichte.
Jetzt will ich stark abgekürzt fortfahren mit nur noch zwei bis vier Zeilen.
Liebe Gemeinde, das Nacherzählen allein genügt natürlich nicht.
Lassen sich aus dem Gehörten für uns Schlüsse ziehen?
Machen wir uns da bitte nichts vor:
Mit Abrahams Geschichte, die kaum einer kennt, können viele nichts anfangen.
Nicht üblich ist in unserer Religion und Kultur die Beschneidung.
Nur des einzelnen Menschen Verhältnis zu Gott wurde lange Zeit thematisiert.
Opfert Gott seinen Sohn, damit wir mit dem Leben davonkommen?
Ob es sachgemäß ist, so zusammenzufassen, darf zumindest bezweifelt werden.
Protestanten begannen, Theologie neu zu denken.
Papst und Priesterschaft konnten das nicht verhindern.
Reformation sieht Menschen als Partner und Partnerin Gottes:
Rechtfertigung heißt nicht allein Sündenvergebung,
sondern auch, daß wir vor und mit Gott fröhlich sind,
selig werden schon in diesem Leben.
Stehen wir im Glauben, dann hat das auch zur Folge,
sich taufen zu lassen und so zu bezeugen, daß wir mit Gott im Bund sind.
Themenjahr der Taufe, so sehe ich das zumindest, ist zugleich
Themenjahr Bundesschluß - von der Schöpfung und Noah über Abraham, Israel und Mose.
Unser Zugang ist ein anderer, gar keine Frage,
übergreifend aber ist Gottes Angebot, seine Verheißung:
Vertraut den neuen Wegen, auf die uns Gott gesandt,
vorgemacht hat Abraham, was es bedeutet, aus Glauben zu leben:
Wagnis, gestützt allein auf Gottes Zusage -
sein Wort läßt auch uns leben heute und morgen.
Zuversicht gibt mir das in meinem Leben,
Zweifel sind dennoch immer wieder da und plagen mich,
ziehen mich runter, werfen mich zurück.
Zeige uns, Gott, wohin uns der Weg führt, wenn wir Jesus Christus folgen.
(Amen.)


Stephan Schaar